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Eliane und der Schneemann
Eliane kam am zwanzigsten Dezember nicht ins Waisenhaus zurück. Sie blieb gleich bei ihren neuen Eltern. So musste der Schneemann ohne Kleidung vor dem Waisenhaus stehen. Keines der anderen Kindern spendete ihm einen Schal, so wollte er am einundzwanzigsten Dezember auf die Suche nach Eliane und den roten Schal gehen.
Tagsüber blieb der Schneemann noch an seinem Platz. Es sollte kein Mensch sehen, dass der Schneemann gehen konnte. Wer weiß, was man mit ihm angefangen hätte. Nein, er wartete, bis es dunkel war und blieb dann noch rund eine Stunde stehen. Erst gegen neunzehn Uhr kehrte er dem Waisenhaus seinen Rücken zu, und lief die Straße entlang.
Vorgestern konnte er sehen, in welche Richtung Eliane ging, und diese Richtung schlug auch er jetzt ein. Er lief einige Meter, ehe er stehen bleiben musste. Ihm kamen zwei Erwachsene mit einem Kind entgegen. Sie liefen sehr langsam, so dass der Schneemann eine gefühlte Stunde lang stehen bleiben musste, obwohl er doch Eliane sehen wollte. Er würde bestimmt wieder ihren roten Schal bekommen, dachte er sich.
Nachdem er drei Minuten still stand, konnte er weitergehen. Endlich. Doch sehr weit kam er nicht, denn er hörte von hinten zwei Kinderstimmen. Der Schneemann blieb sofort stehen, und wartete, bis die Kinderstimmen verstummt waren. Doch dies geschah nicht so schnell, denn Sie kamen dem Schneemann näher. Näher und näher. Als sie diesen erblickten, rannten sie zu ihm, und nahmen ihm ein Stückchen Kohle von seinem Unterkörper ab. Da die Kinder zu zweit waren, hatte er nur noch drei Kohlenstücke auf seinem Oberkörper.
Eines der Kinder rief dem anderen zu: „Du klaust auch alles, oder?“ „Wieso nicht. Die Jacke von diesem Jungen hält warm, und die zwei Kohlenstücke werden unseren Ofen sicherlich gut befeuern.“ Die Kinder sprachen noch mehr miteinander, doch da sie so weit weg vom Schneemann waren, konnte er es nicht mehr verstehen.
Der Schneemann fühlte sich nun nackt, weil die Kinder ihm zwei Kohlenstücke wegnahmen. Doch zum Glück nahmen sie nicht noch mehr. Als die zwei endlich weit genug weg waren, konnte der Schneemann weitergehen. Er lief keine fünf Minuten, als er auf dem Boden ein Kohlestück wiederfand. Einer der beiden Jungen musste es wohl verloren haben. So nahm der Schneemann sein Kohlestück und brachte es an seinem ursprünglichen Platz zurück.
Anschließend ging der Schneemann weiter geradeaus. Er hoffte schon bald Eliane zu sehen, doch so schnell sollte es nicht geschehen.
Der Schneemann ging und ging. Hielt zwischendurch immer wieder an, da Menschen ihm entgegen kamen, oder ihn überholen wollten. Es kamen Erwachsene und Kinder vorbei. Doch keiner von denen nahm dem Schneemann etwas weg. Erst als er mitten im Wald kurz stehen musste, hätte er beinahe seine Nase verloren.
Es kamen gerade zwei Menschen vorbei, und der Schneemann blieb stehen. Kurz nachdem sie aus seiner Sicht waren, und der Schneemann weitergehen wollte, saß ein Kaninchen auf seinem Hut. Wie es dahin kam, wusste der Schneemann nicht, doch das Kaninchen wollte nur eines: Die Möhre.
Noch bevor das Kaninchen an die Möhre gelangen konnte, ermahnte der Schneemann das Kaninchen: „Du willst mir doch nicht meine Nase klauen!, oder?“ das Kaninchen erschrak. Einen sprechenden Schneemann hatte es noch nie gesehen und gehört. Aus Angst sprang das Kaninchen vom Hut des Schneemanns auf den darüber hängenden Ast und verschwand von dort aus im tiefen und dunklen Wald.
Der Schneemann setzte seine Reise weiter fort. Mittlerweile war es schon Mitternacht und er hatte noch immer nicht Eliane gefunden. So lief er weiter und weiter, bis der Tag anbrach und es hell wurde. Nun wollte der Schneemann bis zum Abend stehen bleiben, und suchte sich ein Plätzchen, dass vor einem Haus lag.
Aus diesem Haus kam einige Stunden später Eliane. Der Schneemann freute sich sehr. Er hatte sie gefunden. So blieb er hier und ging abends nicht weg. Noch blieb er ohne roten Schal, denn Eliane brauchte diesen. Doch es sollte sich bald ändern.