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Geisteralarm
Im Dezember wird überall Weihnachten gefeiert. In Europa und in Amerika. In Afrika und Australien. Ob drinnen oder draußen. Weihnachten ist überall. Meist am vierundzwanzigsten Dezember kehrt der Weihnachtsmann in jedes Haus und beschenkt die Kinder.
Auch die Kinder, die früher einmal in einem Schloss gewohnt haben. In einem Schloss, das seine besten Zeiten schon hinter sich hat. Es ist zwar nicht zerfallen, doch seine letzten Bewohner sind längst weg. Fort gezogen. Sie haben es im Schloss nicht ausgehalten. Vor allem an Weihnachten war es besonders schlimm.
Im Schloss lebten nicht nur Menschen. Seit vielen Jahrhunderten trieben dort auch einige Geister Ihr Unwesen. Sie spukten in jeder Nacht. Egal, ob es Januar oder Juli war. Egal ob Sommer oder Winter. Von zwölf Uhr nachts bis drei Uhr morgens schwebten sie durch das Schloss und erschraken alles, was Ihnen in den Weg kam. Menschen, Tiere, ja selbst Pflanzen versuchten sie zu erschrecken.
Wenn dann der Heilige Abend vor der Geistertür stand, wurde es schlimmer. An diesem Tag durften die Geister schon früher aus ihrem Schlaf kommen. Dann fingen sie schon um achtzehn Uhr an, Ihr Unwesen zu treiben. Von da an bis gegen sechs Uhr trieben sie die Bewohner in den Wahnsinn. Jede Minute wurde ein neuer Versuch unternommen, die Menschen zu erschrecken, und es gelang meistens.
Doch seit dem die letzten Bewohner fortgegangen sind, ist bei den Geistern Langeweile aufgekommen. Was sollen sie jetzt von achtzehn Uhr an tun? Nur Mäuse und Insekten erschrecken, machte die Geister nicht glücklich. Sie haben versucht, dass Schloss zu verlassen, doch es gelang ihnen nicht. Irgendetwas hielt sie am Schloss fest. Die Geister wissen nicht was, doch da sie es schon hunderte Male versucht haben, sind sie dieses Weihnachten zu Plan B übergegangen.
Plan B bedeutet, doch an den Weihnachtsmann zu glauben. Bisher haben die Geister nicht an ihn geglaubt. Sie dachten, es wäre nur ein Märchen der Menschen. Schließlich sah der Weihnachtsmann doch wie ein Mensch aus. Jedes Jahr sahen sie einen anderen. Jedes Jahr ein anderer, das hießt für die Geister, dass es den Weihnachtsmann gar nicht gibt. Sie meinten, ein Mensch würde sich nur einen roten Mantel und eine rote Pudelmütze nehmen und würde damit Weihnachtsmann spielen.
Die Geister konnten sich allerdings nie erklären, woher dann die Weihnachtsgeschenke kamen. Wer die Geschenke in den Sack gepackt hatte, war für die Geister nicht erkennbar. Bisher dachten sie immer, es würde der verkleidete Mensch sein, der es macht. Doch mit eigenen Geisteraugen haben die Geister es nie gesehen.
Und so hoffen Sie nun, dass der Weihnachtsmann doch existiert. Wenn Sie jetzt nicht anfangen, an ihn zu glauben, werden sie wohl auf ewig alleine im Schloss sein. Da die Geister es aber nicht wollten, schrieben sie vor einigen Tagen einen Brief. Einen Brief, in dem sie ihren Wunsch formulierten, endlich wieder einen menschlichen Bewohner im Schloss begrüßen zu können. Endlich wieder mal richtig spuken zu können.
In wenigen Tagen, am Heiligen Abend, werden die Geister wissen, ob es den Weihnachtsmann wirklich gibt. Wenn ja, werden sie schon bald neue Bewohner begrüßen und erschrecken können. Wenn nicht, haben sie umsonst diesen Brief geschrieben. Hoffen wir, dass es nicht umsonst war – aus Sicht der Geister natürlich.