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Goldbärchi B5
Goldbärchis gibt es in verschiedenen Farben. Es gibt die lebendig-weißen, die gelbsüchtigen, die orange-zu-bräunlichen, die verliebt-hellroten, die schamroten und die neidisch-grünen. Jeder von Ihnen kann eine eigene Geschichte erzählen.
Heute werden wir die Geschichte vom Hellroten hören. Wie der Name es sagt, ist der Hellrote hellrot. Manche könnten dies auch als rosa beschreiben. Also weder orange, noch dunkelrot. Wie seine Artgenossen gibt es auch ihn in klein, groß und riesengroß. Heute soll von dem großen hellroten Goldbärchi die Rede sein. Wie er hellrot anlief, das möchte er uns heute mitteilen.
Es war an einem Tag, an dem die Sonne schien. Der Himmel war klar und es war fast keine Wolke zu sehen. Nur ab und an verdeckte eine kleine Wolke die Sonne, doch dies geschah nur selten und war nicht von langer Dauer. Das es Frühling war, waren die Temperaturen nicht im Keller und stiegen auch nicht ins Unermessliche.
Kurzum, es war an einem sonnigen milden Frühlingstag, als ich einen Spaziergang machte. Ich wollte mir nur eine halbe Stunde die Beine vertreten. Nach etwas mehr als sechs Minuten aber kam mir ein Artgenosse entgegen. Besser gesagt, er rannte mich um. Einfach so. Scheinbar hatte er mich gar nicht gesehen. Ich ihn auch nicht.
Als ich ihn aber ansah, noch auf dem Boden liegend, war es die Liebe auf den ersten Blick. Sein Weiß strahlte so schön und er sah mich so wunderbar an. Da konnte ich mich ja nur in ihn verlieben. Da konnte ich ja nur hellrot anliefen. Von da an, sah ich durch eine rosarote Brille. Alles war rosarot. Der Himmel, das Gras, der Weg und natürlich er.
Doch er hatte sich nicht in mich verliebt, denn er entschuldigte sich ganz nüchtern, und ging seines Weges. Das wollte ich aber nicht zulassen. Meine große Liebe musste ich doch festhalten, so lief ich ihm nach. Ihm schien das nicht zu gefallen, denn als er sah, dass ich ihm folgte, fing er an, loszurennen. Er wurde immer schneller und schneller. Auch wenn ich ebenfalls anfing zu rennen, er konnte mir entkommen.
So beschloss ich, meinen Vater um Hilfe zu bitten. Ich rannte zu meinem Vater, erzählte ihm alles und dann half er mir. Er rannte dem Weißen nach. Mein Vater wollte den Weißen fragen, ob er sich nicht schämen würde, einfach so von mir wegzurennen. Doch der Weiße fiel meinem Vater ins Wort, und sagte, dass er sich nicht schämen bräuchte, er hätte ja etwas an. Mein Vater guckte erst verdutzt. Überlegte, ob der Weiße etwas anhaben könnte. Sah ihn immer wieder an, ehe er fragte, ob der Weiße sicher wäre, dass er etwas anhatte. Der Weiße bemusterte sich. Als er feststellte, das er nackt war, lief er rot an. Mein Vater meinet nun, dass der Weiße nichts mehr für mich sei. Schließlich hätte er nicht mehr das schöne Weiß, von dem ich meinem Vater berichtete.
So kehrte mein Vater zu mir zurück und erzählte mit, was alles geschah, als er den Weißen einholte. Ich gab meinem Vater Recht. Wenn der Weiße nicht mehr sein Weiß hätte, dann würde ich ihn nicht mehr lieben. Schließlich hätte ich mich doch nur in ihn verliebt, wegen seinem schönen Weiß und seinem Gesicht. Das Gesicht aber, ja das haben wir ja alle. Nur die Farben sind bei uns Goldbärchis nicht identisch. Die meisten von uns sind weiß, einige gelb, einige orange oder grün. Auch wenn ich den weißen nicht mehr liebte, meine hellrote Farbe blieb. Ich wurde nie wieder weiß. So hob ich mich für immer von meinen anderen Artgenossen ab, und selbst meine Kinder behielten die hellrote Farbe, auf dass unsere Art farbenfroher wurde.