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Goldbärchi B6
Es war einmal ein weißer Goldbärchi, der die Welt erkunden wollte. Auf dieser Weltreise lernte er viele andere Artgenossen kennen. Er lernte den zuckersüchtigen Gelben kennen, den Orangen, der braun werden wollte. Den Grünen, der vor Neid grün wurde. Den Hellroten, der sich in ihn verliebt hatte. Den Dunkelroten sollte er auch kennen lernen.
Als der Weiße eines Tages einem Verehrer entlief, rief dieser seinen Vater zur Hilfe. Der Vater wollte dem Weißen eine Standpauke halten, und begann mit der Frage, ob sich der Weiße nicht schämen würde, vor seinem Kind wegzulaufen. Der Weiße verneinte, er hätte ja etwas an. Erst später musste er erkennen, dass dies nicht der Fall war. Der Weiße schämte sich so sehr, dass er dunkelrot anlief. Er rannte fort. Wie könne er mit dieser Scham weiterleben?
Er wollte seinem Leben ein Ende setzen, doch er änderte seine Meinung. Als er weglief, sah er immer mehr dunkelrote Goldbärchis. Er wunderte sich, warum es so viele waren und immer mehr wurden. In der Goldbärchitüte gab es doch fast nur weiße. Nur wenige waren schon in der Tüte zuckersüchtig, verliebt, oder grün vor Neid, weil ein anderer Goldbärchi schöner, besser oder größer war. Nun aber sah er fast nur noch dunkelrote Artgenossen.
Anfangs fragte der ehemals weiße, nun dunkelrote, die Anderen nicht, wie sie zur roten Farbe kamen. Da er aber immer mehr von ihnen sah, wurde die Neugier so groß, dass der Dunkelrote die Anderen fragte.
Viele erzählten ihm die gleiche Geschichte, die er selbst miterleben musste. Ein anderer Vater hätte ihnen eine Standpauke gehalten. Dabei hätte er bemerkt, dass Sie nackt seien. Vor Scham wären Sie wie der Dunkelrote rot angelaufen. Dann seien Sie fluchtartig weggerannt. Anfangs wollten auch Ihrem Leben ein Ende setzen, doch sie änderten die Meinung. Da es so viele Dunkelrote geben würde, wollte man an einem Massensterben nicht teilnehmen und lebte fortan weiter. Solange, wie der Herr im Himmel uns lässt und nicht seine Hand nach uns streckt.
Einige der Weißen wären aber auch eine Partnerschaft mit dem Verehrer eingegangen. Sie waren lange glücklich. Doch eines Tages wollte der Verehrer Kinder haben. Der Andere hatte nichts dagegen, und beteiligte sich aktiv beim Kinderwunsch. Leider vergaßen Sie, die Schlafzimmertür zuzumachen. Als der Vater kam, und die beiden beim Akt sah, lief der Weiße wieder dunkelrot an. Er schämte sich, dass der Vater ihn dabei erwischte. Auch er rannte Halsüberkopf aus dem Schlafzimmer und wurde von dem Vater und seinen Verehrer nie mehr gesehen. Stattdessen konnte man ihn nun hier bei den anderen Dunkelroten sehen.
Doch nicht immer war eine verschmähte Liebe Schuld daran, dass ein weißer Goldbärchi dunkelrot anlief. Manche hätten das Fantasia-Land besucht und die dortigen Bewohner seien Schuld an der dunkelroten Farbe. Als einige Weiße durch dieses Land gingen, wurden Sie von den Bewohner gehänselt, dass die Weißen nackt wären. Ob die weißen sich nicht zum Anziehen leisten könnten. Vor Scham Ihrer Nacktheit liefen auch diese weißen Goldbärchis dunkelrot an. Auch Sie verließen fluchtartig Ihr Heimatland und kamen hierher.
So ist dieses Land hier nun zur Heimat der Dunkelroten geworden. Nur wenige Weiße haben es hierher geschafft, ohne gelb, grün oder rot zu werden. Nur die Wenigsten sind dem Zucker verfallen. Waren neidisch auf andere Goldbärchis, die besser, größer oder schöner waren. Nur Wenige haben sich verliebt. Nur Wenige haben Ihre Nacktheit erkannt und sind dunkelrot angelaufen. Obwohl alle Goldbärchis nackt geboren werden, so schämen sie sich doch, wie der Herr im Himmel uns schuf. Der Herr im Himmel, der über unsere Geburt und unser Ende entscheidet. Und so lange er uns nicht in den Himmel holt, ja so lange werden wir Dunkelroten noch rot bleiben und auf dieser Welt leben.